Mandanteninformation September/Oktober 2025

„In Wahrheit heißt etwas wollen, ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können.“ Friedrich Nietzsche

1. Entwurf eines Steueränderungsgesetzes

Die Bundesregierung hat den Entwurf für ein Steueränderungsgesetz 2025 vorgelegt. Das Gesetz sieht unterschiedliche steuerrechtliche Maßnahmen vor, wie beispielsweise die Anhebung der Entfernungspauschale sowie die Reduzierung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie.

 Folgende Maßnahmen sind geplant: 

  • Die Entfernungspauschale, die für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte gilt, soll ab 2026 von 0,30 € pro Entfernungskilometer auf 0,38 € pro Entfernungskilometer erhöht werden.
  • Hinweis: Bislang gilt eine Entfernungspauschale von 0,38 € erst für Strecken ab dem 21. Entfernungskilometer (in den Veranlagungszeiträumen 2022 bis 2026), während für die ersten 20 Entfernungskilometer eine Entfernungspauschale von 0,30 € gewährt wird. Nach der Neuregelung würde es nun zu einer einheitlichen Entfernungspauschale von 0,38 € unabhängig von der Entfernung kommen.
  • Die Mobilitätsprämie, die für Arbeitnehmer gedacht ist, die ein geringes Einkommen und einen Arbeitsweg von mehr als 20 km haben, soll unbefristet ausgestaltet werden. Bislang war sie bis einschließlich 2026 befristet.
  • Der Umsatzsteuersatz auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen soll ab 1.1.2026 auf 7 % gesenkt werden; dies betrifft die Umsätze aus dem Verkauf von Speisen (also ohne Getränkeausschank), unabhängig davon, ob sie im Restaurant verzehrt oder mitgenommen werden.
  • Die sog. Übungsleiterpauschale, die für Ausbilder, Erzieher und Betreuer gilt und eine Steuerfreiheit anordnet, soll ab 1.1.2026 von 3.000 € auf 3.300 € angehoben werden.
  • Die sogenannte Ehrenamtspauschale, die für nebenberufliche Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich gilt und die ebenfalls eine Steuerfreiheit bestimmt, soll ab 1.1.2026 von 840 € auf 960 € erhöht werden. 

Daneben sind im Gemeinnützigkeitsbereich u. a. folgende Änderungen geplant: 

  • E-Sport, also der Wettkampf in Video- und Onlinespielen, soll von der Förderung des Sports umfasst werden und damit zum gemeinnützigen Bereich gehören. Nicht einbezogen werden sollen Spiele, die Gewalt verherrlichen.
  • Gemeinnützige Körperschaften, insbesondere Vereine, sind grundsätzlich verpflichtet, ihre Mittel möglichst zügig für steuerbegünstigte Satzungszwecke auszugeben. Die derzeit geltende Freigrenze dieser Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung soll von 45.000 € auf 100.000 € erhöht werden und damit künftig für rund 90 % der steuerbegünstigten Körperschaften entfallen.
  • Die Errichtung und der Betrieb von Photovoltaikanlagen sollen für gemeinnützige Körperschaften steuerlich unschädlich sein.
  • Die Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Körperschaften soll von 45.000 € auf 50.000 € (einschließlich Umsatzsteuer) jährlich angehoben werden. Bis zu dieser Höhe entsteht weder Körperschaft- noch Gewerbesteuer. Anders ist dies jedoch, wenn die Freigrenze von 50.000 € auch nur um einen Euro überschritten wird, da dann der gesamte Betrag steuerpflichtig wird.
  • Belaufen sich die Einnahmen aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben auf maximal 50.000 € im Jahr, soll künftig keine Verpflichtung mehr bestehen, die Einnahmen den einzelnen Bereichen der gemeinnützigen Körperschaft (ideeller, also gemeinnütziger Bereich, Vermögensverwaltung, wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb) zuzuordnen; denn bis zu dieser Grenze entsteht ohnehin keine Körperschaft- oder Gewerbesteuer.

Hinweis: Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Nach derzeitigem Stand ist mit wesentlichen Änderungen nicht zu rechnen. Das Gesetzgebungsverfahren soll Ende des Jahres abgeschlossen sein.

(Regierungsentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025, Stand: 09.09.2025)

2. Rückwirkende Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen verfassungsgemäß

Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) hält die zum 1.1.2022 rückwirkend erfolgte Steuerbefreiung für Gewinne aus dem Betrieb kleinerer Photovoltaikanlagen für verfassungsgemäß. Nach Auffassung des Gerichts ist es verfassungsrechtlich unbeachtlich, dass die Rückwirkung der Steuerbefreiung die Geltendmachung von Verlusten aus dem Betrieb kleinerer Photovoltaikanlagen für das Jahr 2022 verhindert. 

Hintergrund: Gewinne aus dem Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von maximal 30 Kilowatt (peak) sind unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 1.1.2022 steuerfrei. Die Steuerbefreiung wurde Ende 2022 rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführt. 

Sachverhalt: Die Kläger beschlossen im Sommer 2021, eine kleinere Photovoltaikanlage zu erwerben und den erzeugten Strom entgeltlich in das Stromnetz einzuspeisen. Aufgrund der Corona-Krise wurde die Anlage erst Ende 2022 errichtet. Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2022 einen Verlust aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage geltend, den das Finanzamt aufgrund der zum 1.1.2022 eingeführten Steuerfreiheit nicht anerkannte. Hiergegen gingen die Kläger gerichtlich vor. Sie halten die rückwirkende Steuerbefreiung für verfassungswidrig. 

Entscheidung: Das FG bejahte die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Steuerbefreiung und wies die Klage ab: 

  • Ein rückwirkendes Gesetz ist verfassungsrechtlich nur dann problematisch, wenn es belastend ist. Ein begünstigendes Gesetz wie eine Steuerbefreiung darf hingegen auch rückwirkend in Kraft treten.
  • Zwar hätten die Kläger ohne die Steuerbefreiung einen Verlust für 2022 steuerlich geltend machen können. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass sie die Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben wollen; sofern diese Voraussetzung erfüllt gewesen wäre, hätten sie dann jedoch über die Dauer des Betriebs der Anlage auch Gewinne erzielen und diese versteuern müssen. Auch in diesem Fall wirkt sich die Steuerbefreiung bei einer Gesamtbetrachtung über die Betriebsdauer der Anlage für die Kläger begünstigend aus.
  • Nicht zulässig wäre eine verfassungsrechtliche Betrachtung, nach der die Kläger darauf vertrauen durften, dass ihr Verlust des Jahres 2022 steuerlich wirksam bleibt, aber künftige Gewinne steuerfrei gestellt werden.

Hinweise: Tatsächlich hat der Gesetzgeber die Rückwirkung eingefügt, um zu verhindern, dass die Steuerpflichtigen im Jahr 2022, als die Pläne zur Steuerbefreiung bekannt wurden, noch schnell eine Anlage erwerben und steuerliche Verluste geltend machen, bevor dann die Gewinne ab 2023 steuerfrei gestellt werden. Daher entschied sich der Gesetzgeber im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, die Steuerbefreiung rückwirkend einzuführen. 

Die Kläger haben gegen das Urteil Revision vor dem Bundesfinanzhof eingelegt. Ob sie dort mit ihrer Klage Erfolg haben werden, bleibt abzuwarten.

(FG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.2025)

3. Solidaritätszuschlag Allgemeinverfügung der Finanzverwaltung

Die obersten Finanzbehörden der Länder weisen in einer Allgemeinverfügung alle noch anhängigen Einsprüche gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume vor 2020 zurück, soweit in den Einsprüchen die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages geltend gemacht wird.

Hintergrund: Der Solidaritätszuschlag ist verfassungsrechtlich umstritten, weil es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine sogenannte Ergänzungsabgabe handelt. Allerdings haben sowohl der Bundesfinanzhof als auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bislang die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags bestätigt. 

Inhalt der Allgemeinverfügung: 

  • Anhängige Einsprüche, die die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume vor 2020 betreffen, werden mit der Allgemeinverfügung zurückgewiesen.
  • Gleiches gilt für Anträge auf Aufhebung der Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume vor 2020, wenn die Anträge außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt worden sind.

Hinweise: Bei der Allgemeinverfügung handelt es sich um eine Art „Massen-Einspruchsentscheidung“, mit der eine Vielzahl von Einsprüchen bzw. Anträgen gleichzeitig zurückgewiesen wird. Betroffene Steuerpflichtige können hiergegen klagen; die Klagefrist beträgt ein Jahr.

(Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 04.08.2025)

4. Warnung für gefälschten E-Mails

Aktuell sind E-Mails im Umlauf, mit denen Betrüger an persönliche Informationen von Steuerzahlern gelangen wollen. Die Empfänger erhalten von einer falschen E-Mail-Adresse, die vermeintlich vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) stammt, die Aufforderung, ihre Steuer-Identifikationsnummer unter einem Link einzugeben. Zudem wird auf eine mögliche Rückzahlung hingewiesen. 

Bei den E-Mails handelt es sich um eine Phishing-Kampagne, mit der persönliche Steuerdaten abgegriffen oder Schadsoftware eingeschleust werden soll. Das BZSt sendet allen Bürgern ihre Steuer-Identifikationsnummern bereits kurz nach der Geburt zu, die Information liegt dem BZSt also vor. 

Hinweis: Seien Sie misstrauisch, wenn Sie ungewöhnliche Zahlungsaufforderungen, z. B. per E-Mail, Brief oder SMS erhalten. Die Finanzverwaltung versendet keine E-Mails, die Handlungsanweisungen enthalten, die die Herausgabe sicherheitsrelevanter Daten wie z. B. Bank- oder Steuerdaten fordern. 

Eine Übersicht über bekannte Betrugsversuche, die im Namen des BZSt kursieren, hat die Behörde unter der Internetadresse https://www.bzst.de/DE/Service/Betrug/warnung_betrugsversuche veröffentlicht.

(Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung vom 18.09.2025)

5. Umsatzsteuerbefreiung für die vertretungsweise Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes gegen Entgelt

Im Streitfall war der Kläger selbstständiger Arzt in der Allgemeinmedizin. In den Jahren 2012 bis 2016 übernahm der Kläger, der mit der örtlich zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung eine Vereinbarung über die freiwillige Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst abgeschlossen hatte, als Vertreter für andere zum Notfalldienst eingeteilte Ärzte notfallärztliche "Sitz- und Fahrdienste" in eigener Verantwortung. Gegenüber den vertretenen Ärzten rechnete der Kläger hierfür einen Stundenlohn zwischen 20 Euro und 40 Euro ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis und ohne einen Hinweis auf eine Steuerbefreiung ab. Die erbrachten Notfalldienste hielt der Kläger für umsatzsteuerfrei. 

Das Finanzamt und das Finanzgericht Münster teilten diese Einschätzung nicht. Sie waren der Auffassung, der Kläger erbringe gegenüber dem Arzt, dessen Notfalldienst er übernehme, eine sonstige  Leistung gegen Entgelt, die kein therapeutisches Ziel habe. Daher sei die Vertretung des Arztes beim Notfalldienst umsatzsteuerpflichtig.

Der Bundesfinanzhof gewährte hingegen die Umsatzsteuerbefreiung. Auch die vertretungsweise Übernahme ärztlicher Notfalldienste gegen Entgelt durch einen anderen Arzt sei als Heilbehandlung (im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes) umsatzsteuerfrei (Az. XI R 24/23).

(BFH, Urteil vom 14.05.2025)

6. Bundesfinanzhof entschied zu Anforderungen an eine Rechnung

Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass schon ein Dokument mit Aussteller, Empfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt und gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis eine „Rechnung“ sein kann, auch wenn tatsächlich keine eigene Leistung abgerechnet wird. Weist ein bloßes Zahlungspapier offen Umsatzsteuer aus und erweckt damit den Eindruck einer Leistungsabrechnung, kann es als „Rechnung“ gem. § 14c Abs. 2 UStG gelten - mit der Folge einer Steuerschuld des Ausstellers (Az. XI R 4/22). 

Die „Abforderungsschreiben“ enthielten im Streitfall zwar keine eigenständige Leistungsbeschreibung, verwiesen jedoch auf Angebote, Bestellungen, Projektbezeichnungen und „Lieferdaten“. Ausschlaggebend war, dass der offene Umsatzsteuerausweis in einem an sich bloßen Zahlungspapier überflüssig und widersprüchlich war und den Anschein einer Leistungsabrechnung vermittelte. Damit war die Gefahr eines unberechtigten Vorsteuerabzugs nicht ausgeschlossen. Folglich sind die „Abforderungsschreiben“ als Rechnungen i. S. d. § 14c Abs. 2 UStG zu qualifizieren. 

Hintergrund: Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Umsatzsteuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG).

(BFH, Beschluss vom 19.03.2025)

7. Doppelte Haushaltsführung bei einem Ein-Personen-Haushalt

Führt der Steuerpflichtige einen Ein-Personen-Haushalt im Obergeschoss des Wohnhauses seiner Eltern, ist es für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nicht erforderlich, dass er sich an den Lebensführungskosten des elterlichen Haushalts beteiligt. Eine finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten wird nur dann verlangt, wenn der Steuerpflichtige seinen Lebensmittelpunkt in einem Mehrpersonenhaushalt hat, weil er z. B. in den elterlichen Haushalt eingegliedert ist. 

Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. 

Sachverhalt: Der 1986 geborene Kläger hatte bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen und studierte in den Jahren 2014 bis 2018. Nebenbei war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in M-Stadt. Seinen Lebensmittelpunkt hatte der Kläger in B-Stadt. Dort wohnte er unentgeltlich in einer Wohnung im Obergeschoss des Wohnhauses seiner Eltern. Die Wohnung bestand aus Diele, Küche, Bad/WC sowie aus zwei Wohnräumen. Seine Eltern wohnten im Untergeschoss des Hauses. Der Kläger machte eine doppelte Haushaltsführung steuerlich geltend und setzte u. a. die Mietkosten für die Zweitwohnung in M-Stadt, Familienheimfahrten sowie Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten an. Das Finanzamt erkannte nur die Familienheimfahrten an. 

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine doppelte Haushaltsführung des Klägers und erkannte auch die weiteren geltend gemachten Kosten an: 

  • Aufwendungen für eine berufliche Zweitausbildung sind – anders als Aufwendungen für eine erste Berufsausbildung – steuerlich absetzbar. Zu den Kosten gehören auch die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung.
  • Eine doppelte Haushaltsführung setzt u. a. voraus, dass der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand unterhält. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt wiederum das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.
  • Der Kläger hatte im Haus seiner Eltern eine Wohnung inne, nämlich im Obergeschoss. Es war nicht erforderlich, dass er Eigentümer oder Mieter dieser Wohnung war. Es genügte, dass ihm die Wohnung von seinen Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden war.
  • Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ist nur dann erforderlich, wenn der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in einem Mehrpersonenhaushalt hat; denn nur dann gibt es Kosten, an denen er sich „beteiligen“ kann.
  • Bei einem Ein-Personen-Haushalt stellt sich die Frage einer Kostenbeteiligung nicht. Im Streitfall unterhielt der Kläger im Obergeschoss des Wohnhauses seiner Eltern einen Ein-Personen-Haushalt, da das Obergeschoss ausschließlich ihm zur Verfügung stand. Seine Eltern hielten sich ausschließlich im Erdgeschoss auf. Dafür, dass der Kläger einen Ein-Personen-Haushalt unterhielt, sprach auch der Umstand, dass er im Jahr 2014 bereits 28 Jahre alt war und über ein eigenes Einkommen verfügte.

Hinweise: Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, das nun die Höhe der Unterkunftskosten für die Zweitwohnung in M-Stadt sowie die Höhe der geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen ermitteln muss. 

Wäre der Kläger dagegen in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert gewesen, hätte er sich an den Kosten des gemeinsamen Haushalts beteiligen müssen, um eine doppelte Haushaltsführung steuerlich geltend machen zu können.

(BFH, Urteil vom 29.04.2025)

8. Steuerfalle Grundstücksschenkung: Vorsicht bei Übertragungen an Angehörige

Wer eine Immobilie an nahe Angehörige verschenken möchte, tut dies häufig mit guten Absichten, z. B. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Doch oft wird dabei übersehen, dass die Steuerfalle zuschnappen kann, wenn der Beschenkte im Gegenzug Schulden übernimmt oder einen Teilbetrag zahlt. Solche teilentgeltlichen Grundstücksübertragungen können ein sogenanntes „privates Veräußerungsgeschäft“ auslösen, d. h., der Übertragende muss möglicherweise Steuern zahlen, wenn ein Gewinn entsteht. 

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) verdeutlicht diese Gefahr (Az. IX R 17/24): Ein Mann hatte 2014 eine Vermietungsimmobilie erworben und teilweise über einen Kredit finanziert. Nur fünf Jahre später übertrug er das Objekt an seine Tochter, wobei diese die Restschulden, die bereits deutlich unter den Anschaffungskosten lagen, übernahm. Der Wert der Immobilie lag zum Zeitpunkt der Übertragung durch Wertsteigerungen noch höher. 

Das Finanzamt sah darin jedoch einen steuerpflichtigen Gewinn und forderte Steuern nach. Zwar entschied zunächst das Finanzgericht zugunsten des Vaters, da das Entgelt niedriger war als sein ursprünglicher Kaufpreis. Doch der BFH stellte klar, dass die Steuerpflicht nicht entfällt, nur weil insgesamt kein höherer Betrag erzielt wird. Stattdessen müsse der Vorgang getrennt betrachtet werden: Ein Teil der Übertragung sei eine echte Schenkung, der andere - durch die Übernahme der Restschuld - eine entgeltliche Übertragung, die steuerpflichtig sein könne. Bei teilentgeltlichen Grundstücksübertragungen wird steuerlich zwischen einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Anteil unterschieden. Das Verhältnis der erhaltenen Gegenleistung (z. B. Schuldenübernahme) zum tatsächlichen Verkehrswert des Grundstücks bestimmt, welcher Anteil als steuerpflichtiger Verkauf gilt und welcher als Schenkung behandelt wird. Nur der entgeltliche Teil unterliegt möglicherweise der Einkommensteuer. 

Hinweis: Damit bestätigt das Gericht, dass bei Immobilienübertragungen innerhalb der Familie eine genaue steuerliche Prüfung nötig ist. Eine Steuerpflicht droht vor allem, wenn die ursprüngliche Anschaffung der Immobilie weniger als zehn Jahre zurückliegt. Wer also eine Immobilie verschenken oder übertragen möchte, sollte sich frühzeitig beraten lassen. Der Steuerberater kann dabei helfen, unerwartete Steuernachzahlungen zu vermeiden und die Übertragung optimal zu gestalten.

(BFH, Urteil vom 11.03.2025)

9. Gewinn aus der Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden hochpreisigen Wohn-mobils innerhalb eines Jahres nach Anschaffung

Von der Spekulationssteuer nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Veräußerungen von „Gegenständen des täglichen Gebrauchs“ ausgenommen. Jedoch ist der Begriff „Gegenstand des täglichen Gebrauchs” gesetzlich nicht definiert.

Das Sächsische Finanzgericht entschied in einem Urteilsfall, dass ein Wohnmobil ein von der Besteuerung ausgenommener „Gegenstand des täglichen Gebrauchs” ist (nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Dies gelte auch dann, wenn es sich angesichts eines sehr hohen Kaufpreises des Wohnmobils (hier: 384.425 Euro) bei dem Wohnmobil um einen Luxusgegenstand handelt (Az. 5 K 960/24). Mittlerweile ist hierzu die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (BFH-Az. IX R 4/25).

Der Bundesfinanzhof muss nun die Anforderungen an einen Gegenstand des täglichen Gebrauchs im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG (hier: Wohnmobil im hochpreisigen Segment) klären.

Hinweis: Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen der Einkommensteuer, worunter Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, fallen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Ausgenommen sind Veräußerungen von „Gegenständen des täglichen Gebrauchs“ i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

Diese Regelung zielt darauf ab, Verlustgeschäfte von meist vorrangig zur Nutzung angeschafften Gebrauchsgegenständen, die, wie z. B. Gebrauchtfahrzeuge, dem Wertverlust unterliegen, steuerrechtlich nicht wirksam werden zu lassen.

Bei „Gegenständen des täglichen Gebrauchs“ muss es sich daher bei objektiver Betrachtung um Gebrauchsgegenstände handeln, die dem Wertverzehr unterliegen und/oder kein Wertsteigerungspotenzial aufweisen, wobei eine Nutzung an jedem Tag nicht erforderlich ist, die aber zur regelmäßigen oder zumindest mehrmaligen Nutzung geeignet sind.

(FG Sachsen, Urteil vom 20.12.2024)

10. Verlust durch Trickbetrug kann nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden

Die 77 Jahre alte Klägerin erhielt von einem vermeintlichen Rechtsanwalt einen Telefonanruf, der angab, ihre Tochter habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht. Die deshalb drohende Untersuchungshaft könne durch Zahlung einer Kaution von 50.000 Euro vermieden werden. Die Klägerin hob daher diesen Betrag von ihrer Bank in bar ab und übergab ihn einem Boten. Nachdem sie den Trickbetrug durchschaut hatte, erstattete sie Strafanzeige. Das Strafverfahren wurde jedoch eingestellt, weil die Täter nicht ermittelt werden konnten. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen aus dem Betrugsverlust im Wesentlichen nicht an, mit der Begründung, dass der Klägerin zumutbare Handlungsalternativen zur Verfügung gestanden hätten. Die Klägerin trug dagegen vor, dass sie sich aufgrund der Täuschung in einer Zwangslage befunden habe. 

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg (Az. 1 K 360/25). Die Aufwendungen seien zunächst nicht außergewöhnlich, da sich bei der Klägerin ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe. Sie sei Opfer einer Betrugsmasche geworden, die potenziell jeden treffen könne, auch wenn viele Angerufene den Betrugsversuch schnell durchschauten. Darüber hinaus fehle es auch an der Zwangsläufigkeit. Hierbei zog das Gericht die zu Erpressungen ergangene Rechtsprechung heran. Da die Zwangslage objektiv zu beurteilen sei und vorliegend keinerlei Gefahr für die Tochter der Klägerin vorgelegen habe, sei es der Klägerin objektiv zumutbar gewesen, zunächst zu ihrer Tochter oder zur Polizei Kontakt aufzunehmen. Selbst wenn die vorgegebene Verhaftung der Tochter gedroht hätte, wäre es zumutbar gewesen, den Betrag nicht zu zahlen, da eine den rechtsstaatlichen Vorschriften entsprechende Anordnung der Untersuchungshaft in Deutschland keine Gefahr für Leib und Leben darstelle. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht die Frage der sittlichen Verpflichtung zur Übernahme der Kaution für die Tochter offengelassen und deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht aufgeklärt. Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.09.2025 zum Urteil vom 02.09.2025)

11. Welche steuerlichen Pflichten gehen auf die Erben über?

Nach einem Todesfall haben Angehörige nicht nur mit ihrer Trauer zu kämpfen - schon bald danach fordert auch das Finanzamt die Erben mit wichtigen und mitunter schwierig zu erfüllenden Pflichten. War der Verstorbene Inhaber/Mitinhaber eines gewerblichen oder freiberuflichen Betriebs, existiert zwar i. d. R. ein steuerlicher Berater, der bei den notwendigen Schritten Hilfestellung leisten kann, aber diese Person ist nicht immer sofort verfügbar. Was haben aber auch die Erben für Pflichten zu erfüllen, wenn der Verstorbene als Arbeitnehmer berufstätig war oder Rentner und z. B. neben einer Rente noch Eigentümer eines Miethauses war und Kapitaleinkünfte bezogen hatte? 

Zunächst muss der Erbe wissen, dass alle noch nicht erfüllten steuerlichen Pflichten auf ihn übergehen (§ 45 Abgabenordnung - AO). Das betrifft sowohl die bereits festgesetzten Steuern der Vorjahre, evtl. Vorauszahlungen für das laufende Kalenderjahr aber auch festgesetzte Verspätungszuschläge und aufgelaufene Zinsen oder Säumniszuschläge. Die beiden letzten Verpflichtungen laufen auch weiter und sind nach dem Todesfall direkte Schulden der Erben und keine Nachlassverbindlichkeiten. 

Aber es gibt weitere Pflichten, die von den Erben zu erfüllen sind, wenn der Erblasser dies bisher unterlassen hat, hierzu rechnen

  • Abgabe von ausstehenden Einkommensteuererklärungen, auch für das Todesjahr,
  • Erledigung von Anfragen des Finanzamtes, evtl. Beschaffung von Belegen dafür,
  • Entscheidung über eine Zusammenveranlagung mit dem überlebenden Ehegatten oder die Einzelveranlagung.
  • Abgabe weiterer noch ausstehender Steuer- oder Feststellungserklärungen, z. B. Umsatzsteuererklärungen für ein vermietetes Gewerbegrundstück oder für freiberufliche Einnahmen, Erklärungen für Einheitswerte von Grundstücken.
  • Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung, sofern der Wert des Erbes die Freibeträge übersteigt.

Darüber hinaus sollten Erben wissen, dass sie Erkenntnisse über falsche oder fehlende Angaben in den abgegebenen Steuererklärungen für vergangene Jahre dem Finanzamt unverzüglich mitteilen müssen, wenn sie darauf bei Durchsicht der Unterlagen des Verstorbenen stoßen. Die Verjährungsfrist für die Festsetzung von Steuern beträgt zwar grundsätzlich 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO), die Frist beginnt aber erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die abzugebende Erklärung eingereicht wurde.

Nun muss der Erbe aber nicht alle Unterlagen des Verstorbenen akribisch daraufhin überprüfen, ob sich evtl. ein Fehler oder eine Unterlassung bei Abgabe der alten Steuererklärungen ergibt, aber wenn er z. B. bei Anfertigung der letzten noch nicht abgegebenen Erklärungen darauf stößt, dass auch in den Vorjahren diese Fehler/Unterlassungen vermutlich vorlagen, muss er dies überprüfen, soweit noch Unterlagen vorhanden sind. Neben den finanziellen Pflichten können beim Unterlassen dieser Angaben auch Freiheitsstrafen in einem entsprechenden Strafprozess angeordnet werden (§ 370 AO)!

Die Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuerklärung wird dem Erben in der Regel durch eine Aufforderung des Finanzamtes deutlich gemacht, wenn aber Vermögen über den Freibeträgen des Erbschaftsteuergesetzes festgestellt wird, dann muss auch ohne Aufforderung des Finanzamtes gehandelt werden.

(§45 AO)

12. Senkung der Körperschaftsteuer ab 2028

Am 18.07.2025 wurde das „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2025 Teil I Nr. 161) verkündet und ist seit 19.07.2025 in Kraft. 

Unter anderem wird ab dem 01.01.2028 der Körperschaftsteuersatz von derzeit 15 Prozent in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt jährlich auf 10 Prozent im Jahr 2032 gesenkt (§ 23 Abs. 1 KStG): 

Durch die Körperschaftsteuer-Tarifsenkung ist die Anpassung weiterer gesetzlicher Regelungen notwendig. Diese sollen in einem späteren Gesetzgebungsverfahren nachvollzogen werden (u. a. Anpassungen im Kapitalertragsteuerverfahren und beim Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen).

(Gesetz für ein steuerliches Informationssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland)