Mandanteninformation März/ April 2020

„Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen." Antoine de Saint-Exupery

1. Schätzung der Einnahmen und Umsätze bei einem Imbiss

Bei der Außenprüfung eines Imbisses kam der Betriebsprüfer zu der Einschätzung, dass die Aufzeichnungen über die Höhe der Einnahmen im Prüfungszeitraum grob mangelhaft waren. Es fehlten Einzelaufzeichnungen an insgesamt 1.090 Tagen. Unabhängig davon erfüllten die aufbewahrten Tages-endsummenbons der elektronischen Kasse nicht die erforderlichen Formerfordernisse, weil die Bons keinerlei Angaben zu eventuellen Stornierungen aufwiesen. Das ohne gesetzliche Verpflichtung geführte Kassenbuch war nur wöchentlich und nicht täglich geführt worden, und daher nicht aussagekräftig. Für den Betrieb wurden Rohgewinnaufschlagsätze (RGAS) i. H. von 77-86 % pro Jahr erklärt. Diese Werte standen in einem erheblichen Missverhältnis zu sämtlichen Erfahrungen im Wirtschaftsverkehr über die Höhe von RGAS im Gastronomiebereich. Der Betriebsprüfer sah daher eine Schätzung mittels eines externen Betriebsvergleichs als sachgerecht an und legte RGAS von 238 % auf den erklärten Wareneinsatz fest. Durch diese Hinzuschätzung kam es zu Steuernachforderungen in beträchtlicher Höhe, gegen die der Imbissbetreiber im Wege der Klage vorging. 

Das Finanzgericht Hamburg erklärte die Schätzung durch das Finanzamt auf Basis des externen Betriebsvergleichs für zulässig und damit auch das Heranziehen der amtlichen Richtsatzsammlung. Eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts bestehe bei überwiegenden Bargeschäften dann, wenn keine Einzelaufzeichnungen vorgelegt werden und die Tagesendsummenbons keine Stornierungen ausweisen. Zudem könne die Schätzung auf einen externen Betriebsvergleich gestützt werden, wenn das Speisenangebot sehr vielfältig ist, die Relevanz der einzelnen Warengruppen schwer ermittelbar ist und die fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten vom Steuerpflichtigen zu vertreten sind.

(FG Hamburg, Beschluss 6 V 240/18 vom 07.02.2020)

2. Bei Bäckereien im Eingangsbereich von Supermärkten gilt beim Verkauf von Backwaren zum dortigen Verzehr der volle Umsatzsteuersatz

Die Betreiberin von insgesamt 84 Konditoreien und Cafés, die sich zum größten Teil in nicht abgetrennten Eingangsbereichen von Lebensmittelmärkten (sog. Vorkassenzonen) befanden, verkaufte Backwaren über den Ladentresen. Die Kunden konnten zum Verzehr die teilweise mit Tischdecken und Blumenschmuck versehenen Tische nutzen, mussten aber das Geschirr selbst abräumen. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze dem Regelsteuersatz. 

Das Finanzgericht Münster hielt das für rechtmäßig. Die Umsätze, die für den sofortigen Verzehr bestimmt sind, seien nicht als begünstigte Lebensmittellieferungen, sondern als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen zu behandeln. Den Kunden würden nicht nur Backwaren verkauft, sondern zusätzliche Dienstleistungen erbracht. Für den Verzehr seien teilweise mit Dekoration versehene Tische und Sitzmöglichkeiten sowie Geschirr zur Verfügung gestellt und das Mobiliar und das Geschirr auch gereinigt worden. Es habe sich nicht um bloß behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen gehandelt. Das Mobiliar sei nach den objektiven Gegebenheiten auch ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckereifilialen bestimmt gewesen. Dies hätte sich aus der räumlichen Anordnung in unmittelbarer Nähe der Verkaufstheken, der Farbe des Mobiliars, der vom übrigen Boden abweichenden Bodenfarbe und der entsprechenden Dekoration ergeben.

(FG Münster, Urteil 15 K 2553/16 vom 03.09.2019)

3. Zuordnungsentscheidung bei Errichtung einer Photovoltaikanlage muss für Vorsteuerabzug fristgemäß dokumentiert werden

Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzten Photovoltaikanlage setzt eine Zuordnungsentscheidung voraus, die spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt zu dokumentieren ist. 

Der Kläger hatte im Jahr 2014 eine Photovoltaikanlage erworben. Den erzeugten Strom nutzte er zum Teil selbst, zum Teil speiste er ihn bei einem Energieversorger ein. Am 29. Februar 2016 gab der Kläger die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2014 ab und machte Vorsteuerbeträge geltend. Vor der Abgabe seiner Umsatzsteuererklärung hatte der Kläger gegenüber dem Finanzamt keine Angaben zu der Photovoltaikanlage gemacht. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus der Rechnung über die Lieferung der Photovoltaikanlage, weil der Kläger die Zuordnungsentscheidung nicht rechtzeitig getroffen habe. 

Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab dem Finanzamt Recht. Da die Lieferung der Photovoltaikanlage sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Klägers vorgesehen war (sog. gemischte Nutzung), hätte der Kläger seine Zuordnungsentscheidung zum Unternehmensvermögen spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Steuererklärung treffen und gegenüber dem Finanzamt dokumentieren müssen (hier spätestens 31. Mai 2015). Die Frist zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung werde durch Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärung nicht verlängert. Zu dieser Entscheidung ist eine Anfrage beim Europäischen Gerichtshof gestellt worden. Dieser soll grundsätzlich über die deutsche Handhabung entscheiden.

(FG Baden-Württemberg, Urteil 14 K 1538/17 vom 12.09.2019)

Bitte beachten Sie deshalb, dass bei Anschaffung von Wirtschaftsgütern der Vorsteuerabzug in 2019 spätestens bis 31. Juli 2020 geltend gemacht werden muss.

4. Umsatzgrenze für die Istversteuerung

Ende letzten Jahres wurde die Anhebung der Umsatzgrenze für die Beantragung der Inanspruchnahme der sog. Istversteuerung (Besteuerung nach vereinnahmtem Entgelt) bei der Umsatzsteuer zum 1.1.2020 beschlossen. Sie steigt von 500.000 € auf 600.000 €. Damit wird ein Gleichlauf zur Umsatzgrenze der originären Buchführungspflicht der Abgabenordnung (AO) hergestellt. 

Hinweis: Von der Neuregelung profitieren Unternehmen mit Umsätzen zwischen 500.001 € und 600.000 €, die bislang aufgrund der umsatzsteuerlichen Verpflichtung zur Sollbesteuerung – also nach vereinbartem Entgelt – erhöhte Aufzeichnungspflichten befolgen mussten, obwohl sie nach den Regelungen der AO eigentlich nicht zur Buchführung verpflichtet gewesen wären.

(§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG)

5. Gesellschaftsrechtlich veranlasste Darlehensverluste

Neu geregelt wurde die steuerliche Berücksichtigung von Darlehensverlusten eines GmbH-Gesell-schafters, der seiner GmbH, an der er mit mindestens 1 % beteiligt ist, ein Darlehen gewährt hat, welches später ausfällt. Danach ist der Darlehensverlust bei einem Verkauf oder bei einer Liquidation der GmbH-Beteiligung zu 60 % steuerlich abziehbar, wenn die Darlehensgewährung gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Dies ist der Fall, wenn ein fremder Dritter das Darlehen unter gleichen Umständen nicht gewährt hätte. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung kann auch später eintreten, wenn nämlich das Darlehen trotz Eintritts der finanziellen Krise bei der GmbH stehen gelassen wird und ein fremder Dritter das Darlehen unter gleichen Umständen zurückgefordert hätte. 

Diese Grundsätze gelten auch für die Übernahme einer Bürgschaft durch den GmbH-Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GmbH, wenn der GmbH-Gesellschafter aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird. 

Hinweis: Die Neuregelung stellt im Wesentlichen die alte Rechtslage her, die bis zu einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2017 galt. Sie ist grundsätzlich nach dem 31.7.2019 (an diesem Tag wurde das Gesetz von der Bundesregierung beschlossen) anzuwenden. Auf Antrag kann die Neuregelung auch rückwirkend angewendet werden.

(§ 17 Abs. 2a EStG)

6. E-Mails zu Registereintragungen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) warnt aktuell vor betrügerischen E-Mails zur Registrierung im Transparenzregister. In diesen E-Mails werden die Empfänger zu einer kostenpflichtigen Registration im Transparenzregister aufgefordert. Tatsächlich sind die Eintragungen kostenlos. 

Die E-Mails werden unter dem Namen „Organisation Transparenzregister e.V.“ verschickt. Die Empfänger werden auf die Mitteilungspflicht an das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz (GWG) hingewiesen und Bußgelder bei unterbleibender Registrierung angedroht. In den Mails wird der Eindruck erweckt, man müsse sich kostenpflichtig auf www.TransparenzregisterDeutschland.de registrieren. 

Das BMF warnt ausdrücklich davor, auf solche oder ähnliche E-Mails zu reagieren, sich auf der oben genannten Internetseite zu registrieren oder Zahlungen zu leisten. Die offizielle Interseite des Transparenzregisters im Sinne des GWG lautet www.transparenzregister.de.

(BMF, Pressemitteilung vom 21.01.2020) 

Auch bei Gründung von GmbHs z. B. oder Änderungen im Handelsregister kommt es häufig zu unseriösen Aufforderungen zur kostenpflichtigen Eintragung in diversen Registern. Bitte seien Sie da vorsichtig bei der Zahlung. Im Zweifel prüfen wir das Schreiben gern für Sie.

7. Änderungen für Existenzgründer

Wer einen Betrieb eröffnet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen hat, muss künftig innerhalb eines Monats von sich aus den sog. Fragebogen zur steuerlichen Erfassung mit Angaben zu den persönlichen Verhältnissen, zum Unternehmen und zu den zu erwartenden Einkünften bzw. Umsätzen an das Finanzamt übermitteln. Der ausgefüllte Fragebogen kann über das Elster-Online-Portal elektronisch übermittelt werden. Die bisherige individuelle Aufforderung durch die Finanzämter, die entsprechenden Angaben zu erklären, entfällt.

8. Lohnsteuerliche Behandlung bei Beschaffung einer BahnCard durch den Arbeitgeber

Die Oberfinanzdirektion Frankfurt hat in einer Verfügung zur lohnsteuerlichen Behandlung bei der Be-schaffung einer BahnCard durch den Arbeitgeber Stellung genommen. 

Bei der lohnsteuerlichen Behandlung der Beschaffung einer BahnCard sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden. 

  • Kommt es bei der Überlassung der BahnCard an den Arbeitnehmer durch betriebliche Fahrten zur prognostizierten Vollamortisation, d. h. die ersparten Fahrtkosten für Einzelfahrscheine erreichen oder übersteigen die Kosten der BahnCard, stellt die Überlassung der BahnCard keinen Arbeitslohn dar.  
  • Erreichen die durch die Nutzung der überlassenen BahnCard ersparten Fahrtkosten nach der Prognose zum Zeitpunkt der Hingabe der BahnCard deren Kosten nicht vollständig (Teilamortisation), liegt die Überlassung der BahnCard nicht im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Die Überlassung der BahnCard stellt in diesem Fall steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

(OFD Frankfurt am Mai, Verfügung S-2334A – 80 – St 212 vom 09.12.2019)

9. Unzureichend geführtes Fahrtenbuch erst nachträglich bekannt – Änderung der Steuer-festsetzung möglich

Wenn dem Finanzamt ein unzureichend geführtes Fahrtenbuch erst im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt wird, ist eine neue Tatsache gegeben, die zur Änderung der Steuerfestsetzung berechtigt. Ein Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß geführt, wenn lediglich für Teilzeiträume Eintragungen vorhanden und die Fahrtziele und aufgesuchten Kunden nicht hinreichend genau bezeichnet sind. 

Das Finanzgericht Münster entschied, dass dem GmbH-Geschäftsführer in diesem Fall für die Privat-nutzung eines Pkw aufgrund fremdüblicher Vereinbarung im Anstellungsvertrag zwar keine verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist. Der Wert der Privatnutzung sei aber als Gehaltsbestandteil bei den Einkünften zu berücksichtigen. 

Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung führe unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und fließe diesem bereits mit der Inbesitznahme des Dienstwagens zu. Der Nutzungswert sei hingegen nur bei tatsächlicher Nutzung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen.

(FG Münster, Urteil 13 K 172/17 vom 11.10.2019))

10. Keine Spekulationssteuer auf häusliches Arbeitszimmer

Eine Lehrerin machte Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend, die mit dem Höchstbetrag von 1.250 Euro anerkannt wurden. Das Arbeitszimmer machte ca. 10 % der Wohnfläche aus. Sie hatte die Eigentumswohnung im Jahr 2012 erworben und veräußerte sie im Jahr 2017. Das Finanzamt berücksichtigte den anteiligen Erlös für das Arbeitszimmer als Veräußerungsgewinn. 

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hielt dies nicht für rechtmäßig. Zwar sei die Veräußerung der Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt, allerdings gelte eine Ausnahme bei selbstgenutztem Wohneigentum. Die Klägerin habe ihre Wohnung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Daran ändere auch das häusliche Arbeitszimmer nichts. Die Nutzung eines untergeordneten Teils der Wohnung für berufliche Zwecke stehe der Befreiung nicht entgegen.

(FG Baden-Württemberg, Urteil 5 K 338/19 vom 23.07.2019) Gegen das Urteil haben die Finanzbehörden Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

11. Selbst bewohntes Haus verkauft – Keine Spekulationssteuer trotz Zwischenvermietung

Wenn Eigentümer ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen, fällt auf den Gewinn grundsätzlich Einkom-mensteuer an, außer wenn seit dem Kauf zehn Jahre vergangen sind oder die Immobilie zumindest im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren nur zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Das gilt auch dann, wenn das Haus vor dem Verkauf ein paar Monate vermietet war. Entscheidend ist die Nutzung in den Vorjahren des Verkaufs. 

In einem Streitfall hatte ein Mann im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung erworben und diese bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Von Mai 2014 bis zum Verkauf der Wohnung im Dezember 2014 vermietete er die Wohnung. Das Finanzamt ermittelte im Jahr des Verkaufs einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn, denn die Steuerbefreiung gelte nur für selbst genutzte Immobilien. 

Der Bundesfinanzhof gab hingegen dem Mann Recht. Es genüge, wenn die Immobilie im Vorjahr des Verkaufs durchgehend selbst genutzt worden sei. Für das zweite Vorjahr und das Verkaufsjahr genüge es, wenn der Kläger die Wohnung zumindest einen Tag selbst bewohnt habe.

(BFH, Urteil IX R 10/19 vom 03.09.2019)

12. Prüfungsschwerpunkte der Finanzämter

Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat Hinweise gegeben, welche Prüfungsschwerpunkte ihre Finanzämter für den Veranlagungszeitraum 2020 haben. U. a. wird die Einkünfteerzielungsabsicht bei „Liebhaberei“ besonders geprüft. Dies kann immer dann der Fall sein, wenn durch gewerbliche Einkünfte Verluste erzielt werden. Auch in anderen Bundesländern wird in vielen Bereichen besonders auf exakte Angaben Wert gelegt und geprüft. 

  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Arbeitnehmern sind u. a. beim Bereich Werbungskosten: doppelte Haushaltsführung, Auswärtstätigkeit. Im Bereich Sonderausgaben: Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen. Im Bereich Pflege: Kosten der Heimunterbringung, doppelte Haushaltsführung und erstmalige Unterstützungsleistungen.  
  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Immobilien-Eigentümern sind z. B. erstmalige Vermietung einer Ferienwohnung und Photovoltaikanlage bei erstmaliger Geltendmachung sowie erstmalige Verpachtung. 
  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Kapitalanlegern sind u. a. Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer als Sonderausgaben, Darlehensbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter. In diesem Bereich werden besonders viele Finanzämter die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften prüfen.

13. Doppelte Haushaltsführung von Ledigen bei Beteiligung an den Kosten eines Mehrgenerationenhaushaltes

Nach der seit 2014 geltenden Neuregelung im Reisekostenrecht erfordert eine Wohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte, dass der Steuerpflichtige sich finanziell an den "Kosten der Lebensführung" beteiligt. Diese Neuregelung - eine Gesetzesverschärfung - richtet sich vor allem gegen die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung in Fällen, in denen ledige Arbeitnehmer außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte mietfrei eine Wohnung oder ein Zimmer im Haus der Eltern bewohnen (sog. Mehrgenerationenhaushalte). 

Im Streitfall bewohnte ein lediger Elektroingenieur (Kläger) ohne Mietvertrag in seinem Elternhaus zu-sammen mit seinem Bruder eine nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss, während die Eltern im Erdgeschoss lebten. Der Kläger beteiligte sich nicht an den laufenden Haus- und Nebenkosten, überwies aber im Dezember des Streitjahres rund 1.200 Euro als monatliche Kostenbeteiligung für Januar bis Dezember sowie einen Betrag von 550 Euro (Beteiligung an der Fenstererneuerung im Elternhaus). Anhand von Kreditkartenabrechnungen konnte er nachweisen, dass er für Lebensmitteleinkäufe am Heimatort 1.410 Euro ausgegeben hatte. Am Arbeitsort bewohnte er eine gemietete Zweitwohnung (Zwei-Zimmer-Wohnung). Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltführung ab, da eine erforderliche Beteiligung an den laufenden Haus- und Wohnungskosten nicht rückwirkend herbeigeführt werden könne. 

Das Finanzgericht Niedersachsen hat als erstes Finanzgericht zu der genannten Neuregelung Stellung genommen und gab der Klage statt. Auch einmalige, unregelmäßige oder außergewöhnliche Kostenbeiträge seien anzurechnen. Auf den Zahlungszeitpunkt - Anfang, Mitte oder Ende des jeweiligen Jahres - komme es nicht an. Das beklagte Finanzamt hat mittlerweile Revision eingelegt.

(FG Niedersachsen, Urteil 9 K 209/18 vom 18.09.2019)

14. Sozialamt darf regelmäßige Geldschenkungen an Enkelkinder zurückfordern

Eine Großmutter hatte für ihre beiden Enkelkinder nach deren Geburt jeweils ein für 25 Jahre angelegtes Sparkonto eröffnet und darauf über einen Zeitraum von elf bzw. neun Jahren jeweils monatlich 50 Euro eingezahlt, um für die Enkel Kapital anzusparen. Als sie vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden musste, konnte sie die für die Heimunterbringung von ihr anteilig zu tragenden Kosten nicht mehr aus eigenen Mitteln aufbringen. Der Sozialhilfeträger kam für diese Kosten auf und verlangte von den Enkelkindern die Rückzahlung der Beträge, die die Großmutter in den letzten zehn Jahren auf die Sparkonten der Enkel eingezahlt hatte. 

Das Oberlandesgericht Celle hat die Enkelkinder zur Zahlung der zurückgeforderten Beträge verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts stellen über mehrere Jahre monatlich geleistete Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau keine "privilegierten Schenkungen" dar und der Sozialhilfeträger kann diese deshalb von den beschenkten Familienangehörigen zurückfordern, wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Leistungen von einem Sozialhilfeträger bezieht.

(OLG Celle, Pressemitteilung vom 13.02.2020 zum Urteil 6 U 76/19 vom 13.02.2020)