Mandanteninformation Januar/ Februar 2021

„Selbst aus schlechten Aussichten lassen sich noch gute Einsichten gewinnen.“ Ernst Ferstl

1. Wichtige steuerliche Änderungen zum Jahreswechsel

Umsatzsteuersätze ab 2021

Die eingeführte Senkung der Umsatzsteuersätze ab dem 01.07.2020 war befristet bis zum 31.12.2020. Infolgedessen erhöhen sich die Umsatzsteuersätze ab dem 01.01.2021 wieder von 16 % auf 19 % sowie von 5 % auf 7 %. Maßgeblich ist der Leistungszeitpunkt d. h. die Fertigstellung der Leistung.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Gastronomieumsätzen. Dort werden die Umsatzsteuersätze im Jahr 2021 zweimal geändert:

Gilt für die Abgabe von Speisen im Zeitraum vom 01.01.2021 bis 31.12.2021 noch der ermäßigte Steuersatz von 7 %, ist ab dem 01.01.2022 für diese Umsätze wieder der Steuersatz von 19 % anzuwenden.

Zweites Familienentlastungsgesetz

Wesentlicher Inhalt des Gesetzes:

  • Das Kindergeld wird ab dem 01.01.2021 um 15 Euro pro Kind und Monat erhöht. Es beträgt damit für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat.
  • Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt ab dem 01.01.2021 entsprechend von 5.172 Euro um 288 Euro auf 5.460 Euro.
  • Der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes wird ab dem 01.01.2021 um 288 Euro auf 2.928 Euro erhöht.
  • Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes steigt auf insgesamt 4.194 Euro für jeden Elternteil, also 8.388 Euro bei der Zusammenveranlagung von Verheirateten oder Lebenspartnerschaften (2020: 7.812 Euro).
  • Außerdem stellt das Gesetz mit der Anhebung des Grundfreibetrags sicher, dass das Existenzminimum der Steuerpflichtigen ab dem Veranlagungszeitraum 2021 steuerfrei bleibt:
    - 2021 steigt der Betrag auf 9.744 Euro,
    - 2022 weiter auf 9.984 Euro.
  • Der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen nach dem Einkommensteuergesetz wird ab 2021 ebenfalls angehoben.
  • Zum Ausgleich der sog. kalten Progression wird der Bundestag zudem die Eckwerte des Einkommensteuertarifs anpassen.

Kassenführung

Unternehmer, die elektronische Registrierkassen bzw. PC-Kassen verwenden, wurden mit Wirkung zum 01.01.2020 zur Verwendung einer sog. Zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) verpflichtet.

Diese Frist wurde vom Bundesfinanzministerium bis zum 30.09.2020 verlängert. Die Bundesländer beanstanden es bis zum 31.03.2021 nicht, wenn keine TSE verwendet wird. Voraussetzung ist, dass eine Bestellung der TSE erfolgt ist oder die Anschaffung einer cloudbasierten Sicherheitseinrichtung geplant, diese aber nachweislich noch nicht verfügbar ist. 

  • Es bedarf keines besonderen Antrags. Es genügt auf Nachfrage des Finanzamts die Vorlage des Bestellnachweises für die Sicherheitseinrichtung. 
  • Die Anschaffungskosten für das TSE stellen lt. Bundesfinanzministerium sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar.

Degressive Abschreibung

Die zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen durch die Corona-Krise haben den Gesetzgeber veranlasst, die Abschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu verbessern. Zu diesem Zweck wurde die degressive Abschreibung wieder eingeführt. Damit ist es möglich, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände mit bis zu dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Erstjahr bzw. des Restbuchwerts in den Folgejahren, jedoch maximal 25 %, abzuschreiben.

Entfernungspauschale

Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Arbeitnehmer eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer als Werbungskosten geltend machen. Ab dem 01.01.2021 wird die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer auf 0,35 Euro erhöht.

Beispiel: Bei einer Entfernung von 30 km errechnet sich die Entfernungspauschale auf 9,50 Euro (20 km x 0,30 Euro + 10 km x 0,35 Euro) statt bislang 9 Euro (30 km x 0,30 Euro).

Häusliches Arbeitszimmer und sog. Home-Office

Ein (abgeschlossenes) häusliches Arbeitszimmer kann bis zur Höhe von 1.250 Euro steuerlich als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn für die betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Kosten sind sogar unbeschränkt absetzbar, wenn das Arbeitszimmer ausnahmsweise den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 wird eine Home-Office-Pauschale von 5 Euro pro Tag, höchstens 600 Euro im Jahr, eingeführt. Steuerpflichtige können einen pauschalen Betrag von 5 Euro für jeden Kalendertag abziehen, an dem die gesamte betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde. Die Pauschale zählt allerdings zu den Werbungskosten, für die allen Steuerzahlern pauschal ohnehin 1.000 Euro angerechnet werden. Ein abgeschlossenes Arbeitszimmer ist dafür nicht erforderlich.

Verbilligte Vermietung

Die Nutzungsüberlassung einer Wohnung ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn bei Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken das Entgelt weniger als bisher 66 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Liegt folglich die Miete unter 66 %, werden die Werbungskosten nur anteilig anerkannt, und zwar nur die, die auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallen. Die ortsübliche Miete setzt sich zusammen aus der Kaltmiete zzgl. den umlagefähigen Betriebskosten. Diese Vorschrift greift nicht nur bei der Vermietung an Angehörige, sondern auch bei der Vermietung an Fremde.

Ab 2021 wird die bislang gültige 66 %-Grenze auf 50 % gesenkt!

Für den Grenzbereich zwischen 50 % und 66 % muss jedoch eine Totalüberschussprognose erstellt werden.

Rückführung des Solidaritätszuschlages 1995

Der Solidaritätszuschlag wird für einen Großteil der Steuerpflichtigen abgeschafft. Das entsprechende Gesetz wurde bereits 2019 beschlossen. Die Freigrenze bei der Einzel- und Zusammenveranlagung wird angehoben. Diese beträgt bei der Einzelveranlagung künftig 16.956 Euro statt 972 Euro, bei der Zusammenveranlagung 33.912 Euro statt 1.944 Euro.

Kurzarbeitergeld und Corona-Bonus

Zuschüsse der Arbeitgeber zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld werden künftig bis 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt bis Ende 2021 steuerfrei gestellt.

Sonderleistungen der Arbeitgeber bis zu 1.500 Euro (Corona-Bonus) bleiben nun befristet bis zum 30.06.2021 steuerfrei. Voraussetzung ist, dass die Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Neben Zuschüssen können auch steuerfreie Sachbezüge geleistet werden. Die Verlängerung verschafft den Arbeitgebern deutlich mehr Zeit für eine steuerbegünstigte Abwicklung. Sie führt jedoch ausdrücklich nicht dazu, dass im ersten Halbjahr 2021 nochmals 1.500 Euro gezahlt werden können, wenn bereits 2020 eine Auszahlung erfolgte.

Stärkung für das Ehrenamt

Die Übungsleiterpauschale wird von 2.400 Euro auf 3.000 Euro angehoben. Die Ehrenamtspauschale wird von 720 Euro auf 840 Euro erhöht. Bis zu einem Betrag von 300 Euro ist ein vereinfachter Spendennachweis möglich.

Freigrenze für Sachbezüge und Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Die monatliche Freigrenze für Sachbezüge wird im Jahressteuergesetz von aktuell 44 Euro auf 50 Euro angehoben. Die Neuregelung tritt jedoch erst mit Wirkung zum 01.01.2022 in Kraft.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wurde bereits begrenzt auf die Kalenderjahre 2020 und 2021 auf 4.008 Euro angehoben. Mit dem Jahressteuergesetz wird diese Anhebung nun entfristet und bleibt Alleinerziehenden auch ab dem Veranlagungszeitraum 2022 erhalten.

2. Mietvertrag ohne offenen Umsatzsteuer-Ausweis – Keine berichtigungsfähige Rech-nung

Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt. Der Passus „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer” im Mietvertrag ohne eine entsprechende Regelung zur Option oder ohne einen Hinweis auf die Ausübung der Option seitens des Vermieters genügt in diesem Fall den Anforderungen an den Ausweis der Umsatzsteuer nicht. Das entschied das Finanzgericht Münster. 

Voraussetzung für die Rückwirkung einer Berichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, sei, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung handele. Ein Dokument sei jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Im konkreten Fall handle es sich bei dem Mietvertrag in Verbindung mit den monatlichen Zahlungsbelegen nicht um eine berichtigungsfähige Rechnung in diesem Sinne.

(FG Münster, Urteil vom 29.09.2020)

3. Sofortabschreibung für bestimmte digitale Wirtschaftsgüter geplant

Der Bund und die Länder wollen eine sofortige Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 ermöglichen. 

Hintergrund: Nach aktueller Rechtslage können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter bis zu einem Betrag von 800 € netto sofort abgeschrieben werden. Eine Abschreibung über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts über mehrere Jahre ist nicht erforderlich. 

Bund Länder-Beschluss: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben der Bund und die Länder am 19.1.2021 beschlossen, eine sofortige Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 zu ermöglichen. Damit sollen etwa die Kosten für Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung künftig im Jahr der Anschaffung oder Herstellung steuerlich vollständig berücksichtigt werden können. Hiervon sollen auch diejenigen profitieren, die im Home-Office arbeiten (ggf. sofortiger Werbungskostenabzug im Jahr der Anschaffung).

(Beschluss von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie vom 19.01.2021)

4. Neue einheitliche Gewinngrenze und Verbesserungen für Investitionsabzugsbeträge

Mit Investitionsabzugsbeträgen können unter bestimmten Voraussetzungen Abschreibungen für künftige Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in ein vor dem Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt liegendes Wirtschaftsjahr vorgezogen werden. So wird in dem betreffenden Jahr die Steuerbelastung gemindert. Die bislang maßgebenden unterschiedlichen Betriebsgrößengrenzen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen werden durch eine für alle Einkunftsarten geltende Gewinngrenze von 200.000 € ersetzt. Die neue einheitliche Gewinngrenze gilt auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe. Ferner werden die begünstigten Investitionskosten von 40 % auf 50 % erhöht. Zudem können künftig Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen auch für vermietete begünstigte Wirtschaftsgüter uneingeschränkt in Anspruch genommen werden. Die Änderungen gelten rückwirkend ab dem VZ 2020.

(§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG)

5. Erweiterung Kinderkrankengeld während der Corona-Pandemie

Der Bundesrat hat am 18. Januar 2021 die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld in der Corona-Pandemie gebilligt. Er soll damit im Jahr 2021 pro Elternteil von 10 auf 20 Tage pro Kind, für Alleinerziehende von 20 auf 40 Tage pro Kind verdoppelt werden. 

Voraussetzungen sind, dass: 

  • sowohl der betroffene Elternteil als auch das Kind gesetzlich krankenversichert sind, 
  • das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist, 
  • keine andere im Haushalt lebende Person das Kind beaufsichtigen kann.
Die Höhe des Kinderkrankengeldes beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Die Regelung soll rückwirkend zum 5. Januar 2021 in Kraft treten.Neu ist, dass der Anspruch auch in den Fällen besteht, in denen das Kind nicht krank ist, sondern zu Hause betreut wird, weil die Schule oder die Einrichtung zur Kinderbetreuung pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt bzw. der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wurde. Anspruchsberechtigt sind auch Eltern, die im Home-Office arbeiten.
(Bundesrat, Mitteilung vom 18.01.2021) 

6. Keine Steuerermäßigung für Reinigung einer öffentlichen Straße und für in Werkstatt des Handwerkers erbrachte Arbeiten

Die spätere Klägerin hatte die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer bei Aufwendungen für die Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für Tischlerarbeiten als Handwerkerleistungen beantragt. Die Straßenreinigung wurde von der Kommune als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Anlieger hatten diese Kosten anteilig zu tragen. Die Tischlerarbeiten umfassten die Reparatur eines Hoftores, welches ausgebaut, in der Tischlerwerkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut worden war. 

Der Bundesfinanzhof hat die ablehnende Rechtsauffassung des Finanzamts bestätigt. Die Tarifermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und ebenso für Handwerkerleistungen setze voraus, dass diese im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Das sei hier nicht der Fall.

(BFH, Urteil vom 13.05.2020)

7. Kosten für Winterdienst steuerlich geltend machen

Hauseigentümer trifft häufig eine Räumpflicht, die auch an die Mieter weitergegeben werden kann. Wenn ein Unternehmen mit der Schneebeseitigung beauftragt wird, können die Kosten für den Winterdienst steuermindernd geltend gemacht werden. 

Die Ausgaben können in der Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistungen abgesetzt werden. Es dürfen 20 Prozent der Aufwendungen und maximal 4.000 Euro pro Jahr bei der Steuer abgezogen werden. Wenn der Steuerzahler beispielsweise 600 Euro für das Kehren des Gehweges vor dem Haus zahlt, lassen sich bis zu 120 Euro Steuern sparen. 

Voraussetzung für den Steuerabzug ist, dass der Räumdienst eine Rechnung ausgestellt hat und der Rechnungsbetrag auf das Konto des Dienstleisters überwiesen wurde. Mieter können die Kosten für die Schneebeseitigung der Betriebskostenabrechnung entnehmen.

8. Kosten für Hausnotrufsystem können steuerlich geltend gemacht werden

Eine im Jahr 1933 geborene Seniorin lebte allein im eigenen Haushalt und nahm ein sog. Hausnotrufsystem in Anspruch, womit sie sich im Notfall per Knopfdruck an eine 24-Stunden-Service-Zentrale wenden konnte. Das Finanzamt erkannte die Kosten hierfür nicht an, weil die Dienstleistung nicht im Haushalt der Rentnerin erfolge. 

Das Sächsische Finanzgericht gab jedoch der Seniorin Recht. 20 Prozent der Kosten des Hausnotrufsystems seien als haushaltsnahe Dienstleistung steuermindernd anzuerkennen. Haushaltsnahe Dienstleistungen seien solche Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des Haushalts oder dort Beschäftigte erbracht werden. Im Regelfall stellten in einer Haushaltsgemeinschaft lebende Familienangehörige im räumlichen Bereich des Haushalts sicher, dass kranke und alte Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe erhalten. Diese Bereitschaft ersetze das von der Seniorin in Anspruch genommene Notrufsystem. 

Für Senioren, die in betreuten Wohnanlagen leben, sei die steuerliche Anerkennung bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt. Auch bei allein lebenden Senioren könnten die Kosten eines externen Hausnotrufsystems steuerlich berücksichtigt werden, wobei es unerheblich sei, dass sich die Notrufzentrale nicht im räumlichen Bereich des Haushalts befinde.

(FG Sachsen, Urteil vom 14.10.2020)

9. Kinderbetreuungskosten: Kein Abzug bei steuerfrei gezahlten Arbeitgeberzuschüssen

Ein Ehepaar machte in seiner Einkommensteuererklärung Kosten für die Betreuung ihres Kindes im Kindergarten als Sonderausgaben steuermindernd geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten jedoch nicht an, da der Arbeitgeber des Klägers diese erstattet habe. Mit seiner Klage machte das Ehepaar geltend, dass es durch die Kindergartenkosten wirtschaftlich belastet sei. Sie erhielten vom Arbeitgeber nur steuerfreien Arbeitslohn, aber keinen Ersatz der Aufwendungen. Sie waren der Auffassung, dass die gesetzliche Regelung - anders als bei anderen Sonderausgaben - keine Kürzung um steuerfreie Einnahmen vorsieht. Des Weiteren regle das Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu Kinderbetreuungskosten die Streitfrage ebenfalls nicht. 

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht Köln keinen Erfolg. Das Finanzamt habe zu Recht den Abzug versagt. Kinderbetreuungskosten könnten mit bis zu zwei Drittel der Aufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Kläger seien in Höhe des Arbeitgeberzuschusses aber nicht wirtschaftlich belastet, sodass ihnen keine Aufwendungen entstanden seien. Ebenso führe der von den Klägern erstrebte zusätzliche Sonderausgabenabzug zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, deren Arbeitgeber - etwa durch die Unterhaltung eines Betriebskindergartens - die Kinderbetreuungsleistungen unmittelbar selbst erbringe.

(FG Köln, Urteil vom 14.08.2020)

10. Besteuerung der Einmalzahlung aus Direktversicherung ist verfassungsgemäß

Im vorliegenden Fall erhielt die Klägerin im Streitjahr 2012 eine Einmalzahlung aus einer Direktversicherung in Höhe von rund 23.000 Euro. Das beklagte Finanzamt unterwarf diesen Betrag der Einkommensteuer, was zu einer Steuerfestsetzung von rund 5.500 Euro führte. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Besteuerung verfassungswidrig ist. Sie führe zu einer Ungleichbehandlung. Die Steuerbelastung wäre geringer gewesen, wenn sich die Klägerin statt der Einmalzahlung eine monatliche Rente hätte auszahlen lassen. Zum anderen fielen die auf die Auszahlung entfallenden Krankenversicherungsbeiträge nicht in einer Summe an, sondern würden auf zehn Jahre verteilt. Da der Klägerin nach Abzug der Steuern und Krankenversicherungsbeiträge nur ca. 12.700 Euro von der Versicherungsleistung verblieben, sei auch die Eigentumsgarantie verletzt. Außerdem sei sie bei Abschluss der Versicherung nicht hinreichend auf die steuerlichen Konsequenzen hingewiesen worden. Schließlich sei die Steuerersparnis in der Ansparphase nicht so hoch gewesen wie die nun festgesetzte Steuernachzahlung, weil die Beiträge lediglich im Rahmen des Höchstbetrages von 210 Euro pro Monat abzugsfähig gewesen seien. 

Die Klage wurde durch das Finanzgericht Münster abgewiesen. Die Einmalzahlung sei unstreitig als Leistung aus einer Direktversicherung zu versteuern. Des Weiteren sei die volle Versteuerung auch verfassungsgemäß. Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zur laufenden Auszahlung einer Rente liege nicht vor, da sich dies aus dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundsatz der Abschnittsbesteuerung ergebe. Auch sei die Eigentumsgarantie nicht verletzt, da der Klägerin unter Berücksichtigung der zeitlichen Streckung der Krankenversicherungsbeiträge und der Ersparnis aus der Steuerfreiheit der Entgeltumwandlung in der Ansparphase tatsächlich im Ergebnis ca. 20.000 Euro von der Versicherungsleistung verblieben. Schließlich sei nicht der Staat, sondern das Versicherungsunternehmen für eine etwaige steuerliche Falschberatung der Klägerin verantwortlich.

(FG Münster, Gerichtsbescheid vom 29.10.2019)

11. Steuerfreies Firmenfitnessprogramm

Im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms konnten Arbeitnehmer in verschiedenen Fitnessstudios trainieren. Der Arbeitgeber erwarb jeweils einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils 42,25 Euro zzgl. Umsatzsteuer zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 Euro bzw. 20 Euro. Bei der Lohnbesteuerung ließ der Arbeitgeber die Sachbezüge außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge fielen. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, „quasi in einer Summe“ zugeflossen, weshalb die 44 Euro-Freigrenze überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer dem Pauschsteuersatz von 30 %. 

Dem schlossen sich jedoch weder das Finanzgericht noch der Bundesfinanzhof an. Der geldwerte Vorteil sei den teilnehmenden Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Der Arbeitgeber habe sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt. Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Eigenanteile sei daher die 44 Euro-Freigrenze eingehalten worden, sodass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem Firmenfitnessprogramm nicht zu versteuern sei.

(BFH, Urteil vom 07.07.2020)

12. Kaution des Mieters zunächst keine steuerpflichtige Einnahme des Vermieters

Vermieter müssen die Kaution, die ihnen der Mieter zahlt, zunächst nicht als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung versteuern. Erst wenn die Kaution nach Ende des Mietverhältnisses einbehalten wird, weil der Mieter z. B. in der Wohnung Schäden hinterlassen hat, ist die Kaution als steuerpflichtige Einnahme zu behandeln. Darauf wies das Finanzgericht Münster hin. 

Ein Vermieter hatte in seiner Einkommensteuererklärung die Mieteinnahmen angegeben, allerdings ohne die vom Mieter geleistete Mietkaution. Das Finanzamt sah in den vereinnahmten Mietkautionen steuerpflichtige Einnahmen und begründete dies damit, dass der Mieter diese auf das laufende Mietkonto überwies. Außerdem sei die Kaution nach Auszug der Mieter teilweise nicht an diese zurückgezahlt worden. Das Finanzgericht Münster gab hingegen dem Kläger Recht.

(FG Münster, Urteil vom 10.12.2019)

13. Zur Steuerpflicht bei Übertragung des Familienheims im Todesfall

Der Übergang des von der Familie oder einem Ehepaar/einer Lebenspartnerschaft genutzten Familienheimes ist grundsätzlich von der Erbschaftsteuer freigestellt. Das Familienheim wird hierfür definiert als eine Eigentumswohnung/eine Wohnung in einem anderen Gebäude, die zu Wohnzwecken von den Partnern und den zur Familie gehörenden Kindern bewohnt wird. Die Mitnutzung durch Eltern, Schwiegereltern, Großeltern oder Hausgehilfinnen/Au-Pair-Mädchen ist unschädlich für die Steuerbefreiung. Wenn an diese Personen aber eine Wohnung oder einige Räume im Rahmen eines Mietvertrages überlassen wird, ist dies keine Familienwohnung. Die Wohnnutzung muss überwiegen, ein Arbeitszimmer in der Wohnung ist aber unschädlich. Die Wohnung muss der Lebensmittelpunkt der Familie sein. 

Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen sind nicht begünstigt. Auf den Wert und die Größe der Wohnung/des Hauses kommt es nicht an. Falls sich auf dem Grundstück noch andere Gebäude oder Räume befinden, muss eine Aufteilung entsprechend der genutzten Flächen erfolgen. 

Geht dieses Familienheim als Erbanteil oder Vermächtnis auf den überlebenden Ehe- oder Lebenspartner über, ist diese Übertragung von der Erbschaftsteuer zunächst befreit. Der Erwerber muss die Familienwohnung aber nach dem Todesfall 10 Jahre lang selbst bewohnen. Nur wenn objektiv zwingende Gründe dagegen vorliegen, z. B. die eigene Unterbringung in einem Pflegeheim, bleibt die Steuerfreiheit erhalten. Wird die Nutzung dagegen aufgegeben, erfolgt eine nachträgliche Steuererhebung. Dabei kann auch auf das weitere ererbte Vermögen eine höhere Belastung durch die höhere Steuerprogression entstehen. 

Seit 2009 ist auch eine Befreiung im Falle des Erwerbs durch Kinder vorgesehen. Sie müssen das Familienheim unverzüglich nach dem Todesfall beziehen. Zeitliche Verzögerungen können anerkannt werden, falls z. B. noch das Ende eines Schuljahres oder die Kündigungsfrist für die bisherige eigene Wohnung abgewartet werden muss. Sind mehrere Kinder Erben, zieht aber nur ein Kind in die Wohnung ein, bleibt nur sein Erbanteil quotal steuerfrei. Die Befreiung für Kinder gilt nur für eine Wohnfläche von 200 qm, bei größeren Familienheimen muss daher eine flächenmäßige Aufteilung erfolgen. Auch für die Kinder gilt die Behaltefrist von 10 Jahren.

14. Das Berliner Testament und dessen Auswirkung auf die Erbschaftsteuer

Als Berliner Testament wird eine testamentarische Regelung bei Eheleuten bezeichnet, bei denen die Ehegatten sich gegenseitig zu Erben einsetzen und ihre gemeinsamen Kinder zu Erben des Letztversterbenden. Diese Regelung hat sich im Zivilrecht als vorteilhaft erwiesen, weil die Interessen der Eheleute dadurch vorteilhaft abgedeckt werden. Die Folgen aus erbschaftsteuerlicher Sicht können aber nachteilig sein, sobald Vermögen oberhalb der persönlichen Erbschaftsteuerfreibeträge vererbt wird. Vereinfacht gesagt, sind die Steuerbelastungen gegenüber einem Erbfall mit Vermögensübergang auf die Kinder durch beide Elternteile je nach Anzahl der gemeinsamen Kinder ab einem steuerpflichtigen Vermögen von je 201.000 Euro bei einem Kind, von je 401.000 Euro bei zwei Kindern und von je 501.000 Euro je drei Kindern nachteilig, wenn beide Elternteile je 50 % des Vermögens halten und keine Vorschenkungen erfolgt sind. Befindet sich das Vermögen nur in der Hand des Erstversterbenden, sind die vorstehenden Grenzen bei zwei oder mehr Kindern noch niedriger. 

Um die steuerlichen Nachteile der zivilrechtlich als vorteilhaft angesehenen Vererbung zu vermeiden, sollten in den Testamenten für den ersten Erbfall Vermächtnisse zu Gunsten der Kinder - bis zur Höhe der persönlichen Freibeträge - vorgesehen werden. In diesem Zusammenhang kann auch an Vermächtnisse für ggf. vorhandene Enkelkinder gedacht werden. Diese Vermächtnisse sind als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Damit die Liquidität des überlebenden Ehegatten nicht übermäßig beansprucht wird, kann dabei auch eine spätere Fälligkeit oder ratenweise Auszahlung angeordnet werden. Eine andere Möglichkeit zur Minderung der Erbschaftsteuerbelastung ist die Geltendmachung von Pflichtansprüchen durch die vom Erbe ausgeschlossenen Kinder. Dies kann einvernehmlich auch auf einen Wert unterhalb des rechtlich bestehenden Anspruchs erfolgen. Bis zu 400.000 Euro je Kind sind davon dann wegen des persönlichen Freibetrages steuerfrei. Auch dieser Pflichtteil mindert die Steuerbemessungsgrundlage für den überlebenden Elternteil. 

Das Besondere an dem Pflichtteil besteht darin, dass ein Kind ihn auch noch nach dem Tode des zweiten Elternteils geltend machen kann, wenn der Anspruch noch nicht verjährt ist. Die Verjährungsfrist beträgt gem. §§ 195, 199 BGB 3 Jahre. Dies gilt auch dann, wenn nur ein Kind als Erbe vorhanden ist.